- Der DAX erfährt nach mehr als 30 Jahren seine erste weitreichende Reform.
- Durch die Erweiterung deckt der DAX in Zukunft die deutsche Wirtschaft noch besser ab und gewinnt an Vielfältigkeit durch neue Branchen.
- Neben neuen Mitgliedern bekommt der Leitindex ein neues Regelwerk verpasst, das einen zweiten Fall Wirecard verhindern soll.
Der deutsche Leitindex DAX wurde am 20. September um zehn Mitgliedswerte aufgestockt. Aus dem DAX 30 wurde der DAX 40. Alle Neuzugänge, der Indexlogik der Deutschen Börse folgend, sind aus dem MDAX für mittelgroße Werte in den Leitindex DAX aufgestiegen. Folglich wurde der MDAX dadurch von 60 auf 50 Titel reduziert.
Finanzexperten forderten schon seit einigen Jahren eine Reform des 1988 ins Leben gerufenen führenden deutschen Börsenbarometers. Der größte Kritikpunkt: der DAX 30 repräsentiere inzwischen längst nicht mehr alle Branchen der deutschen Wirtschaft und gebe Unternehmen der „Old Economy“, also der Maschinenbau-, Automobil-, Bau- oder Chemieindustrie, zu viel Gewicht. Dienstleistungsunternehmen oder auch die Tech-Branche seien in der Zusammensetzung unterrepräsentiert.
1 S&P 500 Marktkapitalisierung in % des Russell 3000 Index
2 IBEX 35 Index Marktkapitalisierung in % des Madrid Stock Exchange General Index
3 FTSE 100 Index Marktkapitalisierung in % des FTSE All-Share Index und FTSE AIM All-Share Index
4 CAC 40 Marktkapitalisierung in % des CAC All-Share Index
5 Swiss Market Index Marktkapitalisierung in % des Swiss All-Share Index
6 Dax Marktkapitalisierung in % des CDax
7 Nikkei 225 Marktkapitalisierung in % des Topix Index
Wussten Sie, dass die Hälfte der Unternehmen im DAX bereits seit seiner Gründung dabei sind?
Der DAX 40 deckt künftig deutlich mehr Marktkapitalisierung ab
Nach der Reform hat der DAX 40 als Repräsentant der deutschen Wirtschaft tatsächlich mehr Gewicht. Ein Vergleich zeigt, dass der DAX 30 bisher gegenüber europäischer Pendants, etwa dem CAC 40 in Paris oder dem FTSE 100 in London, nur rund zwei Drittel[1] der gesamten Börsenkapitalisierung der deutschen Unternehmen abdeckte. Durch die Erweiterung um zehn Mitglieder und die Anpassung des Regelwerks deckt der Leitindex jetzt rund 80 Prozent des deutschen Marktkapitals ab. Nach diesem Maßstab bewegt sich der DAX 40 dann zum Beispiel auch auf Augenhöhe mit dem amerikanischen Leitindex S&P 500.
An den einzelnen Branchengewichten dürfte sich aber auch beim reformierten DAX zunächst nicht so viel ändern. Zwar gewinnt der Leitindex Unternehmen aus der bisher wenig bis gar nicht vertretenen Medizin- und Gesundheitsbranche sowie dem E-Commerce-Sektor hinzu. Insgesamt haben diese Neuzugänge aber nur ein Gewicht von rund zehn Prozent im neuen Index. „Durch die Neuen wird der Dax in Zukunft etwas vielfältiger aufgestellt sein. Da sich aber auch Unternehmen aus klassischen Sektoren wie Industrie und Automobil unter den Aufsteigern befinden, dürfte die Erweiterung zunächst jedoch keine allzu große Veränderung bei der Branchengewichtung ergeben“, fasst Christoph Ohme zusammen, Fondsmanager des DWS ESG Investa.
Doch auch, wenn sich der Branchenmix zunächst nicht allzu sehr verändert, könnte der DAX durch die neue Größe und Vielfalt dennoch attraktiver für Anleger werden. „Die neuen Mitglieder kommen aus eher wachstumsstarken Bereichen. Insgesamt hoffen wir, dass der deutsche Leitindex durch die Reform auch international weiter an Bedeutung gewinnt und vermehrt Anlagegelder investiert werden“, sagt der DWS-Experte.
Börsenumsatz künftig unwichtig – es zählt nur die Marktkapitalisierung
Neben der Erweiterung um neue Mitglieder, wurde auch das Regelwerk über die Mitgliedschaft im DAX überarbeitet. Die gravierendste Änderung: Der Handelsplatz und der Handelsumsatz spielen für die Indexmitgliedschaft künftig kaum eine Rolle mehr. Denn bisher wurden die DAX-Mitglieder auch anhand ihres Handelsvolumens an der Deutschen Börse bestimmt. Der Rang im Handelssystem XETRA entfällt aber in Zukunft als Auswahlkriterium. Obwohl neue DAX-40-Mitglieder noch eine gewisse Mindestliquidität mitbringen müssen, wird die Marktkapitalisierung das dominierende Kriterium sein – auch die außerhalb des deutschen Marktes.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Neue DAX-Mitglieder müssen für die Aufnahme in den Leitindex mindestens zwei Jahre hintereinander einen operativen Gewinn nach Zinsen, Steuern und Abschreibungen erwirtschaftet haben. Eine Regel, die ausdrücklich nur für Neuzugänge gilt.
Zusätzlich müssen DAX-40-Unternehmen ihre testierten Geschäftsberichte und Quartalsberichte künftig immer rechtzeitig vorlegen, um im Index bleiben zu dürfen. Die Zusammensetzung des DAX 40 soll künftig zweimal pro Jahr, im Mai und September, überprüft werden.
Das Handelsvolumen am deutschen Markt als Kriterium für eine Aufnahme in den DAX entfällt.