Defensiv, innovativ, wachsend: der Gesundheitssektor

CIO Special
Gesundheitswesen

05.12.2024

In diesem Artikel beleuchten wir, was der Gesundheitssektor im Umfeld mauer Konjunkturdaten und sinkender Zinsen zu bieten hat.

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Auf den Gesundheitssektor im Jahr einer US-Präsidentschaftswahl zu setzen ist eigentlich verpönt. Dazu sollte man zunächst wissen, dass US-Unternehmen 71 Prozent des Marktwerts vom MSCI World Healthcare (HC) Index ausmachen. Und dass in den USA pro Kopf, in Prozent des BIP und absolut mehr für HC ausgegeben wird als in jedem anderen Land.[1] Daher die Bedeutung der US-Wahlen für diesen Sektor. Meist verheißen sie wenig Gutes, da es oft um die Frage geht, welchen Beitrag der Sektor zur Finanzierung neuer Regierungspläne leisten soll. Zwar versucht die Industrie sich dagegen zu stemmen – sie lobbyiert wie keine andere in den USA[2] -, doch es gibt Grenzen. Dass die operative Marge in den vergangenen 30 Jahren von über 20 auf 14 Prozent gesunken ist, während die des S&P 500 von 12 auf 14 Prozent stieg, dürfte teilweise darauf zurückzuführen sein (in Europa ging die Marge in 20 Jahren von 25 auf 16 Prozent zurück).[3]  Aus zwei Gründen bereiten uns dieses Jahr die Wahlen jedoch keine Sorgen: 1. Mit den Demokraten sitzt bereits die Pharma-skeptischere Partei im Weißen Haus. 2. Gesundheitspolitik steht bei keiner Partei im Fokus dieses Wahlkampfs.

Fundamental spricht derzeit einiges für den Sektor: 1. Innovationskraft. Welches Kurspotenzial neue Produkte entfachen können, hat die Einführung der Adipositas-Medikamente gezeigt, welche eine Verzigfachung[4] der Kurse beider Marktführer nach sich zog. In seiner Dimension sicherlich außergewöhnlich, doch mangelt es weiterhin nicht an Krankheitsbildern, für deren Behandlung sich ein Milliardenmarkt ergäbe. Etwa in den Bereichen Krebs, Demenz und Gen-Therapien. 2. KI kann über viele Kanäle den Sektor voranbringen: Produktivitätssteigerungen bei der Entwicklung neuer Medikamente, Reduzierung der Ausfallraten bei klinischen Studien, Verbesserung der Diagnostik und Unterstützung bei der Patientenversorgung. 3. Die Gesellschaftsalterung spricht für weiter überproportional wachsende Gesundheitsausgaben. 4. Die Unternehmensanleiherenditen sinken seit rund zwei Jahren wieder, was vor allem kleineren und jungen Firmen bei der Mittelaufnahme helfen sollte.

Aus Aktionärssicht spricht vor allem die Kombination aus defensiven Qualitäten und Wachstumspotenzial für den Sektor. Erstere beziehen sich dabei nicht auf einzelne Werte. Denn bei denen sieht man Gewinnschwankungen wie bei zyklischen Titeln[5]; auch weist der Sektor eine große Heterogenität auf: der S&P 500 HC legte über die letzten 12 Monate um 20 Prozent zu. Doch der stärkste Wert gewann 60, der schwächste verlor 40 Prozent.[6] Daher ist Aktienselektion gerade in diesem Sektor unerlässlich. Unternehmensseitig können Erfolg und Misserfolg sehr nah beieinander liegen.

Relative Kurs- und Bewertungshistorie

Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 09.10.2024. *S&P500 EW ist der gleichgewichtete S&P500

Wie der Chart zeigt, hat sich der US-Sektor meist ähnlich wie der S&P 500 entwickelt. Die Diskrepanz über die letzten 18 Monate ist vor allem auf die Stärke der großen US-Techwerte zurückzuführen.[7] Bei der Bewertung sieht es ähnlich aus. Gegenüber dem Gesamtmarkt notiert man mit leichtem Abschlag und unter der Historie. Gegenüber dem gleichgewichteten Markt jedoch mit leichtem Aufschlag.[8] Dies ist unseres Erachtens auch gerechtfertigt. Der aktuelle Konjunkturzyklus ist schwer greifbar. Eine US-Rezession schließen wir nicht aus, die Güterindustrie schwächelt. Dazu kommen geopolitische Konflikte. Da locken die defensiven Qualitäten des Sektors. Gleichzeitig rechnen wir mittelfristig nur noch mit geringem Wachstum in den Industrieländern. Auch hiergegen ist man mit einzelnen Sektoren aus dem HC gefeit, da wir ihnen strukturelles Wachstum zutrauen. Noushin Irani, Equity Sector Head Healthcare der DWS, mag derzeit besonders Biotech-Titel und die großen Pharmawerte.[9]