08.01.2018 / Welches Wetter wird uns an den Märkten im Laufe des Jahres erwarten? Nachdem 2017 angenehme Temperaturen und relative Windstille bot und, zumindest an den Märkten, keine Unwetter hervorbrachte, schauen die meisten Anleger mit so viel Zuversicht nach vorn wie selten zuvor. Meteorologisch ausgedrückt beschreibt ein Ausblick mit dem Titel „Aussicht: Sonnig und angenehm warm“ die Gemütslage vieler Anleger.
Der Konsens für das Gewinnwachstum in diesem Jahr liegt in Europa um die 10 Prozent, in den USA aufgrund der verabschiedeten Steuerreform bei fast 15 Prozent. Auch wenn man keine Bewertungsausweitung wie in den letzten Jahren unterstellt, könnten die Kurse also noch einmal zweistellig zulegen.
Es herrscht Einhelligkeit für einen solchen Ausblick. Dadurch steigt aber auch die Gefahr für ein erhebliches Enttäuschungspotentials. Schon in 2017 konnte man beobachten, dass die Erwartungen der künftigen Entwicklung der Konjunktur und der Aktienmärkte kaum noch kontrovers auseinander gingen. Dies hat sich in einer extrem niedrigen Schwankungsbreite an den Aktienmärkten niedergeschlagen. Zudem beherrscht der Bulle schon lange den Aktienmarkt, vor allem in den USA, der in den vergangenen sechs Jahren jeweils immer höher bewertet wurde. Verbunden mit dem überdurchschnittlich starken Kursanstieg in 2017 liegt daher die Vermutung nahe, dass die positiven Aussichten für 2018 bereits in vielen Kursen berücksichtigt wurden.
Die Börsen in 2018 werden deshalb eher die Erwartungen für das Jahr 2019 reflektieren. Nur wenn Anleger auch für 2019 eine Fortsetzung des Aufschwungs erwarten, können die Kurse in 2018 weiter steigen. Allerdings werden die Kapitalmärkte in diesem Jahr mit einem Dilemma zu kämpfen haben. Sollte die Wirtschaft tatsächlich mit Volldampf in die Boom-Phase fahren, dann dürften sich die Inflations- und Zinserwartungen deutlich nach oben verschieben. In den USA richtet die FED ihre Geldpolitik bereits daran aus und wird vermutlich weiter schrittweise die Zinsen erhöhen. Dies könnte erheblichen Gegenwind für die Bewertung us-amerikanischer Aktien bedeuten, wenn der „risikolose Zins“ gegen Ende des Jahres bei über 2 Prozent stehen sollte. Die zehnjährigen US Staatsanleihen könnten dann die Schwelle von 3% überschreiten. Auch wenn die EZB in der Eurozone die Zinsen in 2018 noch unverändert lässt, dürfte der Druck steigen, zumindest das Kaufprogramm zügig zu beenden. Eine Beschleunigung der konjunkturellen Entwicklung könnte die Aktienmärkte über steigende Zinsen bzw. einer deutlich restriktiveren Geldpolitik unter Druck setzen.
Eine schwächer als erwartete Wirtschaftsentwicklung würde sich aber ebenfalls negativ auf die Aktienkurse auswirken, da dann sehr schnell die Erwartungen an die schwächeren Zahlen angepasst werden müssten. So wird die gegenwärtig noch sehr zuversichtliche Stimmung der Anleger vermutlich bald einer eher ambivalenten Gefühlslage weichen. Die Konjunktur wird es keinem so richtig recht machen können. Wenn feste Überzeugungen ins Wanken geraten wird die Volatilität an den Märkten sprunghaft steigen. Dies wird Anleger zu größerer Vorsicht veranlassen. Per se muss dies gerade für europäische Aktien nicht nachteilig sein. Ich könnte mir im Laufe des Jahres eine Renaissance dividendenstarker und wertorientierter Aktientitel vorstellen.
Auf der Rentenseite dürften die höheren Zinsen in US-Dollar kaum Zugkraft entwickeln, nachdem in 2017 den Anlegern Währungsrisiken durch die Abwertung der globalen Leitwährung sehr drastisch vor Augen geführt wurden. In Euro notierte Anleihen bieten, selbst im Hochzinsbereich, keinen angemessenen Ertrag für die Risiken.
Gepflegte Langeweile mit europäischen Dividendentiteln ist dann nicht die schlechteste Alternative. Sie bieten gemäßigte Anlage-Temperaturen in einem Jahr, welches an den Märkten zwischen ungemütlich heiß oder unangenehm kalt schwanken dürfte. Da heißt es, vorzusorgen. Denn die Hauptsache ist, im „wahren Leben“ wie beim Anlegen, dass Sie gesund bleiben.