Nicht alle Unternehmen und Länder sind gleichermaßen von den Turbulenzen an den Aktienmärkten betroffen. Was dahintersteckt, und warum es Hoffnung gibt.
Im Juli und August wurden die Aktienmärkte von heftigen Gewittern durchgeschüttelt. Ernüchterung über eine baldige Beendigung des Handelskonflikts zwischen China und den USA war maßgeblich für die Turbulenzen verantwortlich. Die Gewitter entluden sich allerdings gerade über den Aktienmärkten nicht flächendeckend als Schlechtwetterfront, sondern eher örtlich begrenzt.
In Mitleidenschaft gezogen wurden vor allem der chinesische Aktienmarkt und die europäischen Indizes, allen voran der Dax. Die US-Börsen kamen wie so oft mit einem blauen Auge davon. Diese Entwicklung ist nachvollziehbar, da sich darin die Überzeugung widerspiegelt, dass der Handelskonflikt vor allem den USA nutzt oder zumindest weniger schadet.
Bemerkenswert an den Turbulenzen waren zudem die hohen Kursverluste von allen Unternehmen, die man grob dem produzierenden oder verarbeitenden Gewerbe zuordnen kann. Dienstleister im weitesten Sinne blieben hingegen von besonders hohen Abschlägen verschont.
Auch dieses Phänomen ist erklärbar, da Dienstleister im Gegensatz zu Produzenten von Gütern deutlich weniger von handelspolitischen Konflikten betroffen sind. Die Konjunktursorgen, die sich durch die Auseinandersetzung ergeben, setzten vor allem Zyklikern zu, während vor allem defensive Unternehmen trotz bereits hoher Bewertungen profitierten.
Neben dem Handelskonflikt scheint mittlerweile auch der Ausstoß von Kohlendioxid eine zunehmende Belastung für den verarbeitenden Sektor und daraus abgeleitet für die Konjunktur insgesamt zu werden.
Besonders gravierend ist diese Problematik für die Automobilindustrie und deren Zulieferer. Anpassungsprobleme und Kaufzurückhaltung der Verbraucher machen dieser Industrie besonders zu schaffen. Sollte es zu einer stärkeren Belastung von Emissionen kommen, dürfte dies zumindest kurzfristig auch zu negativen konjunkturellen Effekten führen, die sich vor allem in Europa bemerkbar machen sollten. Denn gerade dort hat dieses Thema mittlerweile eine hohe politische Relevanz.
Die rückläufigen Wachstumsraten, die mittlerweile weltweit zu beobachten sind, haben strukturelle Ursachen wie den globalen Handel und klimapolitische Maßnahmen. Damit unterscheidet sich der gegenwärtige konjunkturelle Abschwung von früheren Wirtschaftszyklen, die durch steigende Inflationsraten und Zinserhöhungen geprägt wurden.
Die derzeitige Schwäche wird begleitet von einer bereits extrem lockeren Geldpolitik und Absichtserklärungen der Notenbanken, diese noch weiter zu lockern. Strukturell bedingte Konjunkturprobleme lassen sich allerdings nicht mehr über eine lockere Geldpolitik lösen. Nicht die Zentralbanken sondern die Politik muss handeln.
Der geschwundene Einfluss der Geldpolitik auf die Konjunktur bedeutet allerdings nicht, dass dies auch für die Kapitalmärkte gilt. Weltweit nähern sich die Renditen dem Nullpunkt. In den USA sind zehnjährige Renditen in diesem Jahr von 2,75 auf 1,45 Prozent gefallen. In der Eurozone weist mittlerweile ein Großteil der Staatsanleihen negative Renditen auf. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen rentieren mit minus 0,7 Prozent.
Es sollte nicht verwundern, dass dies für die Aktienmärkte trotz schwacher Konjunktur eine wesentliche Unterstützung bedeutet. Wenn konkurrierende Anlagen keine Rendite mehr versprechen, sind selbst Rendite-Erwartungen im mittleren einstelligen Bereich gute Argumente für eine Anlage in Aktien. Papiere von Unternehmen mit defensiven Geschäftsmodellen beziehungsweise von Dienstleistern im weitesten Sinn sollten dabei helfen, die beschriebenen strukturellen Probleme zu umschiffen.
Unterstützend für den Aktienmarkt ist dabei der Umstand, dass viele große institutionelle Investoren sich auf dauerhaft niedrige Zinsen einstellen und ihren Aktienanteil deutlich aufstocken. Der norwegische Öl-Fonds ist einer der größten Staatsfonds der Welt mit einem Vermögen von 920 Milliarden Euro. Er hat mittlerweile seine Aktienquote auf fast siebzig Prozent aufgestockt. Dies ist der höchste Anteil an Aktien in der Geschichte des Fonds.