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- Wieviel Aktien verträgt ihr Vermögen?
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Der Anteil der Aktien im Portfolio liegt im einstelligen Prozentbereich, obwohl es sich mittlerweile herumgesprochen haben dürfte, dass Aktien auf längere Sicht ungleich höhere Erträge abwerfen. Die subjektiv wahrgenommene Unberechenbarkeit der Erträge spielt bei der Zurückhaltung gegenüber Aktien wohl eine wichtige Rolle.
Verlustrisiko oder Kursschwankung?
Dabei sind zumeist zwei Risiken für Anleger relevant. Zum einen steht das Verlustrisiko im Raum, zum anderen die im Vergleich zu anderen Anlagen hohen Kursschwankungen von Aktien. Auch wenn das Verlustrisiko über einen längeren Zeitraum zu vernachlässigen ist – bei einer Haltedauer von über 20 Jahren ist es praktisch null – spielt für viele Anleger vor allem die Entwicklung ihrer Anlagen auf Jahressicht eine große Rolle. Wie anders ist es zu erklären, dass Kursprognosen am Jahresende Hochkonjunktur haben. Ein bisschen Statistik an dieser Stelle soll der gefühlten Unberechenbarkeit etwas abhelfen. Unterstellen wir einmal, dass es für die Aktienmärkte eine positive Ertragserwartung gibt. In diesem Beispiel sollen es zehn Prozent sein. Gleichzeitig nehmen wir an der Volatilität gemessene Schwankungen von etwa 15 Prozent an. Aus dieser Versuchsanordnung ergibt sich im Kalenderjahr eine Verlustwahrscheinlichkeit von rund 25 Prozent. Zweistellige Verluste – also von mehr als zehn Prozent – haben in diesem Szenario eine Wahrscheinlichkeit von gut neun Prozent. Gehen wir von einer niedrigeren Ertragserwartung als zehn Prozent aus, steigt das Verlustrisiko entsprechend.
Dieses Verlustrisiko ist vermutlich für die meisten Anleger der gefürchtete Teil des Aktienmarkts. Prüfen Sie sich selbst: Würden Sie bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 25 Prozent ihre Wohnung ohne Regenschirm verlassen? Wenn ja, sind Sie vermutlich kein ängstlicher, aber doch ein eher vorsichtiger Typ. Auf den Aktienmarkt übertragen bedeutet dies, dass es für Sie keine Frage sein sollte, ob Sie in Aktien investieren, sondern wieviel Ihres Vermögens Sie in Aktien investieren. Um zu einer Antwort zu gelangen, haben sich Mathematiker Gedanken gemacht. Angenommen jemand schlägt Ihnen ein Spiel vor, bei dem eine Münze geworfen wird. Kommt Zahl, bekommen Sie das Dreifache des Einsatzes zurück. Bei Kopf ist der Einsatz verloren. Auch weniger mathematisch begabte Naturen erkennen, dass sich dieses Spiel wegen seiner positiven Ertragserwartung lohnt. Denn sowohl das Verlustrisiko als auch die Gewinnchance beträgt 50 Prozent. Allerdings ist der Verlust auf 100 Prozent des Einsatzes beschränkt, während der mögliche Gewinn bei 300 Prozent liegt.
Wieviel auf Zahl setzen?
Dieses Spiel können Sie beliebig oft wiederholen, solange Sie den Einsatz aufbringen können. Bevor Sie also mit leuchtenden Augen in das Spiel einsteigen können, müssen Sie sich noch entscheiden, wieviel Ihres Vermögens Sie auf Zahl setzen wollen. Bei 100 Prozent sind Sie im Erfolgsfall reich. Kommt aber Kopf, sind Sie Ihr Vermögen los und das Spiel ist zu Ende. Setzen Sie gar nichts, dann lassen Sie sich ein gutes Geschäft mit exzellenten Ertragserwartungen entgehen. Sie handeln dann wie der typische Sparbuchanleger. Dieses Spiel hat sich übrigens der Mathematiker John Larry Kelly ausgedacht. Und er hat mit der sogenannten Kelly-Formel auch die Berechnungsvorschrift entwickelt, mit der sich ermitteln lässt, welcher prozentuale Anteil eines Vermögens bei einem Spiel mit positiver Gewinnerwartung einsetzen werden sollte. Im genannten Beispiel sollten es übrigens 25 Prozent sein.
In gewisser Weise lässt sich dieses Spiel auch auf den Aktienmarkt übertragen. Dort haben Anleger auf kürzere Sicht zwar Verlustrisiken, längerfristig ist die Gewinnerwartung aber positiv und Einsätze können beliebig lange stehengelassen werden. Natürlich sind dort die Bedingungen nicht so konstant wie beim Münzwurf. Fest steht aber, dass keine Anlage unvernünftig ist. Die Höhe des eingesetzten Vermögens hängt dabei von der geplanten Dauer des Einsatzes ab. Je länger der Einsatz stehenbleiben kann, desto höher darf er ausfallen. Derzeit hat der typische deutsche Anleger übrigens weniger als zehn Prozent seines Vermögens in Aktien investiert. Selbst ein doppelt so hoher Anteil würde also noch weit unter einem mit der Kelly-Formel berechneten Optimum liegen.